Skip to main content
Log in

Patientenkollektiv deutscher schmerztherapeutischer Einrichtungen

Kerndaten von mehr als 10.000 Patienten

Characterization of chronic pain patients in German pain centers

Core data from more than 10,000 patients

  • Übersichten
  • Published:
Der Schmerz Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Hintergrund

Die DGSS initiierte 1998 mit dem Dokumentationssystem „QUAST“ die Grundlage für eine anonymisierte Datenbank. Diese wurde nun für eine klinisch relevante Abbildung der Klientel in deutschen schmerztherapeutischen Einrichtungen herangezogen. Neben soziodemografischen Merkmalen wurden zentrale Schmerzparameter sowie Ausprägungsgrade in den psychometrischen Verfahren des Deutschen Schmerzfragebogens sowohl für die Gesamtstichprobe als auch für einzelne Schmerzdiagnosen analysiert.

Methodik

Es lagen 28.865 Datensätze aus 19 Praxen und Kliniken der Jahre 1998–2004 zur Analyse vor; 10.054 Datensätze erfüllten die Einschlusskriterien für die statistische Analyse, die übrigen mussten u. a. aufgrund fehlender Diagnose, fehlendem Erstfragebogen und fehlendem Erstkontakt ausgeschlossen werden.

Ergebnisse

In der Analysestichprobe war die Hauptdiagnose Rückenschmerz (37%) am häufigsten vertreten, gefolgt von neuropathischem Schmerz (21,4%), Muskel-, Gelenk- und Knochenschmerz (19,5%) und Kopfschmerz (10,6%). Zu Behandlungsbeginn lag die Erkrankungsdauer im Mittel bei 7 Jahren, aber fast ein Fünftel der Patienten stellte sich bereits vor Ablauf des ersten Erkrankungsjahres bei speziellen Schmerztherapeuten vor. Mehrheitlich wurden die Patienten dem Chronifizierungsstadium II (43,8%) und dem Chronifizierungsstadium III (39,0%) des Mainzer Stadienmodells zugeordnet. Die psychometrischen Verfahren (Allgemeine Depressionsskala, Pain Disability Index, Schmerzempfindungs-Skala, Fragebogen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität) wiesen eine hohe psychische Belastung des Patientenkollektivs auf, sodass die bisherigen Referenzwerte nach oben korrigiert werden müssen. Deutliche Unterschiede zwischen den Hauptdiagnosegruppen zeigten sich nicht nur für die psychischen Befindensmaße, sondern auch für die direkten Schmerzparameter.

Schlussfolgerung

Die mit QUAST dokumentierten Datensätze aus 19 schmerztherapeutischen Einrichtungen weichen von denen populationsspezifischer Erhebungen ab. Dennoch unterstreichen die vorgestellten Befunde den Nutzen eines solchen Datenbanksystems, weil es einen praxisnahen Einblick in die Klientel von deutschen Schmerzeinrichtungen liefert: Die Öffentlichkeitsarbeit der verschiedenen Fachgruppen scheint Früchte getragen zu haben. Anders als üblicherweise angenommen, findet sich ein Teil der Patienten mit chronischem Schmerz durchaus frühzeitig in spezialisierten Einrichtungen ein. Die bislang gängige Anwendung von generischen syndromübergreifenden Diagnostik- und Behandlungstools muss aufgrund der gefundenen Unterschiede zwischen den Hauptdiagnosegruppen prinzipiell infrage gestellt werden. Darüber hinaus liefert die vorliegende Analyse aktualisierte Referenzwerte für die gängigen psychometrischen Verfahren. Die sich dabei abzeichnende hohe psychische Belastung von Schmerzpatienten bestätigt erneut die Unverzichtbarkeit von psychotherapeutischen Behandlungsangeboten bei der Versorgung von chronischen Schmerzpatienten.

Abstract

Background

In 1998 the board of the DGSS introduced a computerized documentation system named QUAST (quality assurance in pain therapy) building the foundation for a large, anonymous database that served as a data source for the statistical characterization of clinically relevant profiles of patients in German pain clinics.

Methods

A total of 10,054 data files collected between 1998 and 2004, including socio-demographic as well as psychometric and pain parameters were analyzed.

Results

The main pain diagnoses found in the database sample were back pain (37%), neuropathic pain (21.4%), soft tissue or arthralgia pain (19.5%) and headache (10.6%). The average duration of illness upon presentation at pain clinics was 7 years, nearly 20% contacted it within the first year. Of the sample, 43.8% of the patients were in the second chronicity stage and 39.0% in the third stage of the Mainz Pain Staging System (MPSS). Psychological measurements concerning despression, pain disability and quality of life indicated a great amount of psychological distress. Pronounced differences between main diagnostic groups were observed not only for psychological factors but also for direct pain parameters.

Conclusions

The documented data differ from other population-based data collections. In contrast to common belief there are a considerable number of patients who find access to specialized pain therapy institutions at an early stage of their illness. The hitherto regular use of generic, syndrome-overlapping diagnosis and treatment tools should be reconsidered taking into account the differences found between the main pain diagnosis groups. Lastly, this analysis provides current data on the psychological state of chronic pain patients showing a high degree of psychological distress and underlying the need of psychotherapeutic interventions in the treatment of chronic pain patients.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Institutional subscriptions

Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4

Notes

  1. Die anonymisierten QUAST-Daten können generell lediglich durch einen an der Auswertung nicht beteiligten Mitarbeiter des Institutes für Mathematische Stochastik der Universität Göttingen dekodiert werden.

  2. Im Weiteren wird aus Praktikabilitätsgründen nur noch der Begriff Patienten verwendet. Dieser Begriff subsumiert weibliche wie auch männliche Personen mit Schmerzerkrankungen.

Literatur

  1. Abt K (1987) Descriptive data analysis: a concept between confirmatory and exploratory data analysis. Methods Inf Med 26:77–86

    CAS  PubMed  Google Scholar 

  2. Breivik H, Beverly C, Ventafridda V et al (2006) Survey of chronic pain in Europe: prevalence, impact on daily life, and treatmant. Eur J Pain 10:287–333

    Article  PubMed  Google Scholar 

  3. Bullinger M, Kirchberger I (1998) SF-36 Fragebogen zum Gesundheitszustand. Hogrefe, Göttingen

  4. Crombie IK, Davies HTO (1998) Selection bias in pain research. Pain 74:1–3

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  5. DeGood DE, Kiernan (1996) Perception of fault in patients with chronic pain. Pain 64:153–159

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  6. Dillmann U, Nilges P, Saile H, Gerbershagen HU (1994) Behinderungseinschätzung bei chronischen Schmerzpatienten. Schmerz 8:100–110

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  7. Frettlöh J, Maier C, Gockel H, Hüppe M (2003) Validität des Mainzer Stadienmodells der Schmerzchronifizierung bei unterschiedlichen Schmerzdiagnosen. Schmerz 17:240–251

    Article  PubMed  Google Scholar 

  8. Geissner E (1996) Die Schmerzempfindungs-Skala (SES). Hogrefe, Göttingen

  9. Gerbershagen HU (1996) Das Mainzer Stadienkonzept des Schmerzes. In: Klinger D et al (Hrsg) Antidepressiva als Analgetika. Arachne, Linz, S 71–95

  10. Gerbershagen HU, Lindena G, Korb J, Kramer S (2002) Gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Patienten mit chronischen Schmerzen. Schmerz 16:271–284

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  11. Gockel H, Maier C (2000) QUAST – Ein auswertungsorientiertes EDV-System zur Dokumentation und Qualitätssicherung in der Schmerztherapie. Schmerz 14:401–415

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  12. Hampel P, Moergel MF (2009) Schmerzchronifizierung bei Rückenschmerzpatienten in der stationären Rehabilitation. Zur Validität des Mainzer Stadienmodells der Schmerzchronifizierung. Schmerz 23:154–165

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  13. Hautzinger M, Bailer M (1993) ADS Allgemeine Depressions Skala. Beltz, Weinheim

  14. Pfingsten M, Hildebrandt J (2001) Nomenklatur/Definition. In: Zenz M, Jurna I (Hrsg) Lehrbuch der Schmerztherapie – Grundlagen, Theorie und Praxis für Aus- und Weiterbildung, 2. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, S 175–184

  15. Komarahadi F, Baumeister H, Maurischat C, Härter M (2006) Verteilung von Schmerzparametern bei chronischen Schmerzpatienten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Schmerz 20:108–118

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  16. Lindena G, Gerbershagen HU, Zenz M et al (2005) Organisierte Schmerztherapie im DRG-System. Schmerz 19:40–54

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  17. Merskey H, Bogduk N (1994) Classification of chronic pain. IASP press, Seattle

  18. Mewes R, Rief W, Stenzel N et al (2009). What is „normal“ disability? An investigation in the general population. Pain 142:36–41

    Article  PubMed  Google Scholar 

  19. Nagel B, Gerbershagen HU, Lindena G, Pfingsten M (2002) Entwicklung und empirische Überprüfung des Deutschen Schmerzfragebogens der DGSS. Schmerz 16:263–270

    Article  CAS  PubMed  Google Scholar 

  20. Rusch MD, Zwierzynski WW, Sanger JR et al (2003) Return to work outcomes after work-related hand trauma: the role of causal attributions. J Hand Surg [Am] 28:673–677

    Google Scholar 

  21. Statistisches Bundesamt (2008) Statistisches Jahrbuch 2008 für die Bundesrepublik Deutschland. Destatis, Wiesbaden

Download references

Danksagung

Unser Dank gilt den verantwortlichen Leitern und Mitarbeitern der oben aufgeführten schmerztherapeutischen Einrichtungen sowie der Ad-hoc-Kommission „Externe Qualitätssicherung“ der DGSS, die uns die Einwilligung zur Datenauswertung aus dem Gesamtpool der QUAST-Datenbank zur Analyse der untersuchten Fragestellung erteilte. Ebenfalls bedanken möchten wir uns bei Herrn Dr. G. Skipka (ehemals Universität Göttingen), der für die Anonymisierung des QUAST-Datenpools verantwortlich war.

Interessenkonflikt

Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to J. Frettlöh.

Anhang

Anhang

Tab. 7 Häufigkeit fehlender Werte bei der Ausgangsstichprobe, den nicht eingeschlossenen Datensätzen sowie der Analysestichprobe
Tab. 8 Häufigkeit von malignombedingten Schmerzen im Ausgangskollektiv, in der Gruppe der ausgeschlossenen Datensätze und der Analysestichprobe
Tab. 9 Diagnosen und Unterdiagnosen der Analysestichprobe (n=10.054)

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Cite this article

Frettlöh, J., Maier, C., Gockel, H. et al. Patientenkollektiv deutscher schmerztherapeutischer Einrichtungen. Schmerz 23, 576–591 (2009). https://doi.org/10.1007/s00482-009-0836-z

Download citation

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/s00482-009-0836-z

Schlüsselwörter

Keywords

Navigation